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Ausgepackt: VEVOR 0700C Oberfräsen-Set

VEVOR Fräse 710W

Ein weiterer Beitrag zum niemals endenden Thema „kleine Oberfräse“ für die Holzwerkstatt – ein Kurztest der VEVOR 0700C Oberfräse. Diese kleine Maschine wird aktuell (Mai 2023) in verschiedenen Ausstattungsvarianten zu sehr niedrigen Preisen auf AMAZON und auch anderen Online-Shops angeboten. Das ist natürlich verlockend – aber es stellt sich die Frage: Was bekommt man für sein Geld?

Um diese Frage zu klären, haben wir ein Komplettset der VEVOR Oberfräse Typ 0700C zum Preis von 89,99 EUR bei AMAZON bestellt. Und das wurde auch binnen 48h Stunden geliefert – verpackt in einem simplen Pappkarton.

Nach dem Öffnen entströmt der Schachtel ein deutlich wahrnehmbarer Geruch nach „Chinesium“, der allerdings nach wenigen Minuten verfolgen ist.

Lieferumfang

Geliefert wird für weniger als 100 EUR erst einmal eine ganze Menge. Neben dem VEVOR-Fräsmotor sind ein fester Fräskorb, ein Fräskorb mit Neigefunktion und der Fräskorb mit Tauchfunktion die wichtigsten Teile die in diesem Paket enthalten sind.

Daneben findet sich ein reichhaltiges Zubehör wie Parallelanschlag, Absaugstutzen, Kantenführung, zwei Schaftfräser, diverse Spannzangen und zwei Blechschlüssel zum fixieren der Fräswerkzeuge.
Auf der ersten Blick also ein sehr vollständiges Set das alle Wünsch erfüllt. Aber ist dies auch die Wirklichkeit?

Der Fräsmotor

Zunächst ein näherer Blick auf den Fräsmotor. Das Gehäuse fühlt sich angenehm an, es hat keine Grate oder scharfe Kanten. Das Design ist im Gegensatz zum Original RT0700 von Makita ein wenig modifiziert.

Das verbaute Netzkabel ist angenehm flexibel, allerdings ebenso kurz wie auch bei der vor einiger Zeit ausgepackten KATSU-Oberfräse.

Die Fräseraufnahme ist recht sauber gearbeitet, es liegen Spannzangen für Fräser mit 6mm, 1/4Zoll und 8mm bei, ebenso die zwei obligatorischen Gabelschlüssel auf Blech.

Es gibt jedoch keine Möglichkeit die Spindel mit einen Druckknopf manuell zu fixieren – dieses Merkmal ist hier wohl dem Rotstift zum Opfer gefallen. Das ist aber zu verschmerzen, denn gerade um die 8mm Fräser wirklich ist das Anziehen mit der Zwei-Schlüssel-Methode unbedingt vorzuziehen.

Und hier folgt die erste etwas ernüchternde Erfahrung: Für die Überwurfmutter wird ein Gabelschlüssel der Größe 22 benötigt – beigelegt ist aber ein Schlüssel der Große 17.

Pech gehabt? Nun, wenn man nicht gerade eine reichhaltige Werkstatt hat, muss man sich jetzt ärgern, denn das weitere Arbeiten mit der VEVOR Fräse hätte hier ein abruptes Ende gefunden. Derjenige der einen 22er Gabelschlüssel in seiner Werkzeugkiste liegen hat, darf diesen jetzt rauskramen und kann dann weiter machen.

Es wurde ein Abrundfräser montiert und der Fräsmotor in den festen Fräskorb gesteckt. Dies gestaltete sich aber wider Erwarten als sehr fummelige Angelegenheit, da die vordere Führung mit dem Zahnrad für die Tiefeneinstellung sehr hakelig läuft. Warum das so ist, wurde dann ein wenig später klar – siehe weiter unten im Text.

Nachdem dies geschafft wurde konnte die VEVOR Oberfräse zum ersten Mal eingeschaltet werden. Dank eines Sanftanlaufs läuft die Maschine ohne großes Rucken an, auch die Drehzahlregelung tut was sie soll. Erste Fräsversuche mit der VEVOR 0700C zeigen auf dass der Motor ausreichend kraftvoll läuft. Auch mit dem 8mm Schaftfräser kommt es kaum zu einem Einbrechen der eingestellten Drehzahl. Die Geräuschentwicklung ist auf dem üblichen Niveau solcher Oberfräsen.

Die Fräskörbe

Entscheidend für die Brauchbarkeit einer kleinen Einhand-Oberfräse sind die verschiedenen Fräskörbe, in welchen der Fräsmotor zum Einsatz kommt.

Der feste Standard-Fräskorb zum Kanten wird ja mit einer vergrößerten Grundplatte wesentlich einfacher zu handhaben. Daher war der nächste Schritt nach dem ersten Test die Montage einer unserer Grundplatten Modell 2020. Hier zeigte sich aber ein Problem: Die Schrauben der montierten Grundplatte ließen sich nur schwer herausdrehen. Grund für das Problem: Leider total vermurkste Gewinde im Sockel des Fräskorbes.

Die Gewinde sind völlig schief geschnitten! Aber es kommt noch krasser: Die Bohrungen sind nicht symetrisch! In der Folge lässt sich daher die Grundplatte nicht befestigen – die vorderen Bohrungen liegen um etliches außerhalb des Rasters!

Dieser Umstand und die schon zuvor äußerst fummelige Montage des VEVOR Fräsmotors zeugt von einer doch sehr nachlässigen Fertigungsqualität. Und ein Blick ins Innere des kleinen Fräskorbes offenbart noch anderes. Die gesamte Aufnahme des festen VEVOR Fräskorbes ist unsauber gearbeitet und nicht gleichmäßig rund!

Der Murks wird zwar mit einer Hammerschlaglackierung optisch ein wenig kaschiert, aber es ist und bleibt eben trotzdem Murks!

Weiter geht es mit der Inspektion des VEVOR Fräskorbs mit Tauchfunktion.

Auf den ersten Blick ist dieser mit dem Tauchkorb von Makita nahezu identisch. Es wird sogar ein Anschlagbügel zur erweiterten Parallelführung mitgeliefert.

Leider ist auch hier das Einsetzen des Präsmotors nur mit viel Fummelei zu bewerkstelligen. Und dabei fällt dann dieser gravierend Mangel auf: Der Fräskorb mit der Tauchfunktion hat keine Führung.

Die Ursache: der Sicherheitspin fehlt! Das hat zwei signifikante Risiken zur Folge:
Erstens, dass man den Fräsmotor falsch montieren kann, und Zweitens: dass es beim Betrieb der VEVOR Oberfräse passieren kann, dass sich der Fräsmotor verdreht und bei laufendem Motor aus dem Fräskorb löst!

Hier zum Vergleich der ein Blick auf den originalen Makita Fräskorb.

In der Mitte ist deutlich der Sicherheitspin zu erkennen. Dieser sorgt dafür dass der Fräsmotor stets korrekt positioniert eingesetzt wird und dass sich dieser im Betrieb nicht verdrehen kann!

Ist der fehlende Sicherheitspin  beim VEVOR Fräskorb nur ein Zufall? Habe ich hier nur ein fehlerhaftes Einzelstück bekommen? Nun, das glaube ich leider nicht. Denn der Blick auf den Fräsmotor zeigt die Zusammenhänge deutlich.

Offensichtlich wird das Motorengehäuse der VEVOR Oberfräse nach dem Guß zunächst einmal komplett dick lackiert, um mögliche Fehlstellen zu verdecken. Erst danach wird das Motorgehäuse abgedreht. Als Folge davon ist aber die Führungsnut des Fräsmotors mit Lack verstopft und nicht mehr zu benutzen.

Und um dieses Problem zu umgehen, hat man in der Fabrik einfach den Verdrehschutz in allen VEVOR Fräskörben abgeschliffen bzw. erst gar nicht montiert.

Nun mag das ja beim einfachen festen Fräskorb noch akzeptabel sein, weil die beim Einsatz als Abrundfräse auftretenen Kräfte gering sind. Wenn man aber mit dem Fräskorb mit Tauchfunktion arbeitet und einen größeren Nutfräser einsetzt, kann es durchaus auch einmal zum kurzen Einhaken des Fräsers kommen. Und dann wirken doch erhebliche Kräfte. Diese kann man mit beidhändiger Führung zwar problemlos beherrschen, aber nur, wenn der Fräsmotor fest und sicher im Fräskorb sitzt. Das ist aber bei dieser Kombination von VEVOR Fräsmotor und Fräskorb ganz eindeutig nicht der Fall!

Zum Schluß noch ein Blick auf den VEVOR Fräskorb mit Neigefunktion. Auch hier das gleiche Bild einer sehr mangelhaften mechanischen Qualität.

Kein Sicherheitspin, die Aufnahme ist unrund, der Fräsmotor wird nicht sicher geklemmt!

Sonstiges Zubehör

Nur kurz in Stichworten das sonstige Zubehör, da sich hier das Bild einer zweifelhaften Qualität fortsetzt. Der mitgelieferte 6mm Fräser ist kein 6mm Fräser sondern ein zölliger 1/4 Zoll Fräser. Hier muss die passende Spannzange eingesetzt werden.

 

 

Der beiliegende 8mm Fräser hingegen ist metrisch, läuft allerdings bei voller Drehzahl mit spürbarer Vibration.

Der mitgeliefert Parallelschlag lässt sich nicht verdrehsicher im rechten Winkel montieren, da die entsprechende Vierkant-Schraube zu klein bzw. der Schlitz in der Verlängerung zu groß ist.

Die Kantenführung ist ein Zinkdruckgußteil, das sich wegen der Hammerschlaglackierung nicht wirklich am Fräskorb aufstecken lässt. Hier müsste man erst den Lack abkratzen…

Und an dieser Stelle ist mir die Lust an dieser Oberfräse endgültig vergangen. Es wurde alles wieder eingepackt und das AMAZON Rücksende-Ettikett gedruckt.

Mein Fazit

Auf den ersten Blick bietet die VEVOR Oberfräse 0700C mit ihrer reichhaltigen Ausstattung ein scheinbar attraktives Gesamtpaket.

Bei näherer Betrachtung kommt jedoch schnell die Ernüchterung. Das fehlerhaftes Zubehör und die doch mangelhafte Fertigungsqualität wäre ja möglicherweise noch hinnehmbar und in Anbetracht des äußerst niedrigen Preises auch erwart- bzw. nachvollziehbar.

Wenn es jedoch um das Entfernen essentieller Sicherheitsmerkmale geht hört in meinen Augen der Spaß auf. Ein Verdrehschutz ist bei einem 800W Fräsmotor ein unverzichtbares Sicherheitsmerkmal.

Daher mein abschließendes Fazit: Hände weg von der VEVOR Oberfräse 0700C. Diese Oberfräse ist ihr Geld nicht wert.

Lieber ein paar Euro mehr ausgeben und das Original von Makita kaufen!

Wir haben die VEVOR 0700C daher wieder an AMAZON zurückgesendet.

Falls jemand diese Fräse ebenfalls besitzt würde mich interessieren, wie ihr damit zufrieden seid. Über entsprechende Kommentare freuen sich sicherlich auch andere Leser meines Blogs.

 

2 Kommentare zu “Ausgepackt: VEVOR 0700C Oberfräsen-Set

  1. R. Peters - Werkstatt aktiver Senioren*innen

    Danke für den ausführlichen Test und die Empfehlung, dieses Teil in der jetzigen Ausführung nicht zu kaufen.

  2. Holger Drechsler

    Danke für diesen ausführlichen Artikel. ich kann das hier dargestellte vollumfänglich bestätigen. Ich hatte eine dieser Fräsen gekauft, direkt bei Vevor. Ich war mit dem Sanftanlauf überhaupt nicht zufrieden, dass ist bei meiner großen Bosch GOF 1700E vollkommen anders. Nun gut, ich habe dann eine andere Fräse bei Vevor bestellt, die lt. Produktfoto anders gebaut war, mit einem roten Geschwindigkeitsregler an der Oberseite. Angekommen ist dann jedoch noch einmal das gleiche Modell, welches seltsamerweise einen über alles geringeren Drehzahlbereich hatte. Das war nicht nur hörbar sondern auch messbar. Da es bei Vevor entgegen der Aussage auf der Webseite nicht einfach ist eine Rückgabe zu erreichen wurden mir letztlich für beide Geräte Nachlässe angeboten wodurch ich jetzt zwei dieser Fräsen zum Preis von einer habe. und letztlich tut sie ja ihren Dienst. Da ich nur ein Heimwerker bin völlig ausreichend. Wenn man allerdings den gesamten Aufwand berücksichtigt wäre wahrscheinlich die Makita die bessere Wahl gewesen. Danke für den Hinweis mit dem Pin für den Verdrehschutz. Den werde ich mir jetzt natürlich nachrüsten.

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