Nachdem ich nach dem Auspacken des Flachwinkelhobel Stanley Sweetheart No.62 sehr angetan war, hatte ich im Januar einen ersten Erfahrungsbericht geschrieben. Dies hat dann einige Holzwerker dazu bewogen, sich ebenfalls diesen Hobel zu kaufen. Allerdings mit gänzlich unterschiedlichen Erfahrungen.
Meinen Hobel hatte ich kurz nach Weihnachten 2014 bei Amazon bestellt und auch schnell geliefert bekommen. Nach dem Auspacken war ich von der Qualität des Hobels recht angetan – einzig die Lackierung der Alu-Klappe war nicht optimal – der Lack blättert an den Kanten leicht ab. Ansonsten hatte ich keinen Grund zu Klage – der Grundkörper war rechtwinklig und eben, das Hobelbett ist gerade und auch das Umkehrspiel der Eisenfeineinstellung war akzeptabel.
Inzwischen haben mich aber sowohl aus dem unmittelbaren Bekanntenkreis als auch von anderen Bloggern wie von Heiko Rechs Holzwerkerblog.de Berichte erreicht, die von Erfahrungen unterschiedlichster Art mit dem Stanley 62 berichten.
Ein Holzwerkerkollege in meiner Nähe hatte vor kurzem ebenfalls zum Einstieg in das Handhobeln einen Stanley 62 bestellt und kam gar nicht damit zurecht. Eine kurze Prüfung zeigte, dass dieser Hobel wohl ein „Montagsmodell“ war – die Haltschraube für die Klappe des Hobel war verbogen, der hintere Griff war krum, die Maulverstellung nur mit größter Mühe zu bewegen. Ursache war ein sehr schlecht gefertigter Hobelkörper. Daher wurde dieser Hobel kurzerhand zurückgesendet und binnen 2 Tagen von Amazon in einen anderen Stanley 62 umgetauscht.
Durch Zufall habe ich dann noch einen weiteren schachtelneuen Stanley 62 in die Hände bekommen und nachfolgend zeige ich diese beiden Hobel einmal im Vergleich.
Auf den ersten Blick sind beide Hobel identisch und ein kurzer Test zeigt auch, dass beide Hobel grundsätzlich zu funktionieren scheinen. Die Eisen sind in beiden Hobeln sehr scharf und können gleich benutzt werden.
Schaut man die Eisen genauer an, erkennt man aber die Unterschiede. Eines der Eisen hat eine polierte Fase, das andere nicht. Auch sind die beiden Eisen unterschiedlich dick.
Das erste Eisen ist 5,46mm stark, das zweite hingegen 5,76mm. Ein Unterschied von 3/10 mm.
Das ist zwar für die Funktion nicht relevant, aber doch erstaunlich. Als Vergleich: bei den JUUMA-Hobeln sind die Differenzen der Eisendicke im Bereich von 1/10 mm.
Offensichtlich werden die Stanley-Hobel mit Teilen von verschiedenen Zulieferern hergestellt. Ein Beispiel ist die Spindel der Eisenfeinseinstellung. Die beiden Drehknöpfe der Lateralverstellung unterscheiden sich deutlich, aber auch die Länge der Gewindebolzen ist unterschiedlich.
Wo genau und von wem die Stanley Sweetheart Hobel hergestellt werden ist leider unklar. Stanley nennt kein Herkunftsland.
Bei einem der beiden Stanley 62 ist das Umkehrspiel der Lateralverstellung gerade mal akzeptable 1,5 Umdrehungen, der andere Hobel hingegen hat fast 3 Umdrehungen. Ein Blick in den Grundkörper offenbart dann die Ursache.
Die Qualität der Bohrungen in welche der Zapfen für die Eisenfeineinstellung eingreifen ist sehr unterschiedlich. Ein Hobel hat hier eine ovale, krumme Bohrung. Das Resultat ist diese große Umkehrspiel. Der andere hat eine saubere, spielfreie Bohrung, in der allerdings einige Metallspäne lagen. Nachdem diese entfernt waren passte der Bolzen sauber und spielfrei in die Bohrung.
Ein weiterer Unterschied der beiden Hobel ist uns dann beim Zusammenbau am vorderen Knopf aufgefallen. Diese haben eine geringfügig unterschiedliche Form und Durchmesser. Sie stammen wohl auch von verschiedenen Lieferanten.
Beide Hobel sind über Amazon bezogen worden. Der Kaufzeitpunkt lag etwa 2 Wochen auseinander. Der erste der hier gezeigten Hobel hat das Qualitätsniveau das auch ein JUUMA Hobel hat, der zweite ist aber deutlich schlechter. Ein dritter Hobel der hier nicht zu sehen ist, war wie oben beschrieben unmittelbar wieder zurückgesendet worden, daher gibt es davon leider keine Bilder.
Fazit
Es scheint dass es bei den Stanley Sweetheart Hobeln erhebliche Qualitätsschwankungen zwischen den einzelnen Exemplaren gibt. Dies betrifft wohl nicht nur die No.62 Flachwinkel Hobel sondern alle Stanley Sweetheart Hobel. Auch über den Stanley Sweetheart No.4 Schlichthobel gibt es sowohl Erfahrungsberichte mit guten Ergebnissen als auch Berichte von Exemplaren mit weniger befriedigender Qualität.
Geht alles glatt, bekommt man einen guten Hobel für relativ wenig Geld. Hat man Pech, hält man ein Werkzeug in der Hand, das nur bedingt brauchbar ist.
Wenn man also plant, diese Stanley Hobel in sein Arsenal der Handwerkzeuge aufzunehmen, dann sollte man dort kaufen, wo im Zweifelsfalle eine unkomplizierte Rückgabe bzw. Umtausch möglich ist. Und wenn es um einen Umtausch von Werkzeugen geht habe ich die besten Erfahrungen bei AMAZON gemacht.
Gut zu wissen. Ich bin schon seit längerem auf der Suche nach meinem ersten Hobel und wollte mir auch so einen holen. Dann eben keinen Stanley…
BTW: Ein Teil von zwei unterschiedlichen Lieferanten herstellen zu lassen ist nichts aussergewöhnliches. Sowas nennt sich „Second Source“ und hat mehrere Gründe: Unabhängigeit, Lieferfähigkeit bei Ausfall eines Herstellers und nicht zu vergessen ein Druckmittel für den Preis. Im Prinzip macht das jeder Hersteller, nur merkt mans halt bei den meisten nicht.
Hallo,
vielen vielen Dank für diese detaillierte Gegenüberstellung. Wie ich schon bei Heiko auf dem Blog vermutete ist also tatsächlich die Serienstreuung sehr groß.
Ich hatte damals wohl Glück mit meinem No 4. Nach Ihrem Report werde ich mir den 62er wohl doch nochmal ernster überlegen.
Hatten Sie beim Umtausch über amazon irgendwelche (detaillierten) Gründe angeben müssen oder lief das „einfach so“. Es ist lange her, daß ich dort etwas umtauschen ließ.
Grüße,
Michael
Hallo Michael, der Umtausch bei Amazon ist absolut unproblematisch. Rücksendeettikett ausdrucken, draufkleben, bei DHL abgeben, fertig!
Man kann auch einfach zwei Hobel bestellen, den besseren raussuchen und den anderen zurücksenden, oder notfalls soagr beide.
Könnte es sein, dass der eine vielleicht kein Original-Stanley-Hobel ist. Ich denke trotz unterschiedlicher Lieferanten, sollte es nicht zu so unterschiedlichen Ergebnissen kommen.
Es gibt ja schließlich Vorgaben vom Auftraggeber.
Habe einen Stanley Einhandhobel no 6 1/4 mit verstellbaren Hobelmaul gekauft. Die Oberflächen waren rauh, die Hobelsohle war nicht Plan. Ich habe es 1 stunde mit Schleifpapier versucht, dann habe ich aufgegeben und ihn zurückgeschickt. Das Gute ist, ich habe das Geld wieder, das Bessere ist ich habe mit den Dictum Flachwinkel Einhandhobel gekauft, da musste ich nur das Eisen schärfen und alles ist Prima, soll es ja eigentlich sein, wenn man ein Werkzeug kauft.
Ja, leider haben die Stanley Hobel eine große Streuung in der Qualität. Wobei der Einhandhobel no 6 1/4 nicht wirklich mit der Sweetheart Serie zu vergleichen ist. Aber ja, mit einem Hobel von DICTUM oder JUUMA ist man meistens besser bedient.