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Welche Schleifmaschine brauche ich für den Möbelbau?

Diese Frage erreichte mich per Email von meinem Blog-Leser Friedrich S. aus Sachsen.

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Da diese Frage von allgemeinem Interesse sein dürfte, berichte ich hier von meinen Erfahrungen.

Beim Kauf einer elektrischen Schleifmaschine ist es wichtig, sich zunächst über die Anwendung Gedanken zu machen und dann die verschiedenen Produkte auf dem Markt zu vergleichen und gegenüberzustellen – sowohl in den Bau- und Fachmärkten als auch in den Online-Shops. Screwfix empfiehlt beispielsweise, sich vor der Wahl einer bestimmten Marke für das „beste Preis-/Leistungsverhältnis“ zu entscheiden.

Die wichtigste Frage die man sich zuerst stellen muß, ist die Frage nach dem zu bearbeitenden Material. Wenn ich im Möbelbau mit Plattenmaterialien wie z.B. Multiplex oder vorgeschliffenen Leimholzplatten arbeite, habe ich andere Anforderungen als wenn man mit eher „rustikalen“ Materialien wie z.B. Palettenholz oder einfachen, grob gehobelten Kanthölzern arbeite.

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Der klassisch orientierte, erfahrene Holzwerker greift bei Massivholz natürlich zum Handhobel um eine optimale Oberfläche zu erhalten, aber der „normale“ Holzwerker erreicht mit der Schleifmaschine die besseren Ergebnisse.

Schleife ich „neues“ Holz oder renoviere ich alte Möbel, bei denen erst eine alte Lackschicht entfernt werden muß?

Alle diese Aspekte haben einen Einfluß welche Maschine als Optimal bezeichnet werden kann. Deshalb stelle ich hier die verschiedenen Maschinentypen und Ihre Einsatzgebiete im Möbelbau vor.

Exzenterschleifer

Der Exzenterschleifer ist ein Schleifgerät, der seinen Namen davon hat, dass dessen Schleifteller exzentrisch auf der Antriebswelle sitzt. Das Schleifpapier führt so eine Exzenterbewegung und gleichzeitig eine Rotation aus, wodurch der Exzenterschleifer eine recht hohe Abtragsleistung und gleichzeitig einen feinen Schliff erzielt. Ich empfehle unbedingt den Kauf eines Modells mit einer einstellbaren Steuerelektronik. Dies ermöglicht einen vielseitigeren Einsatz – neben dem Schleifen kann er dann in Verbindung mit einer Fellscheibe auch zum Polieren z.B. von Lackoberflächen oder gewachsten Holzoberflächen benutzt werden. An die integrierten Staubabsaugungen bei den Exzenterschleifern sollte man aber keine zu hohen Erwartungen haben. Wer wirklich eine minimale Schmutzbelastung haben möchte, kommt am Anschluß eines geeigneten Staubsaugers nicht vorbei.

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Ich benutze seit zwei Jahren den BOSCH PEX 400 AE aus der grünen Serie, zu dem ich auch einen Testbericht verfasst habe. Mit diesem Gerät bin ich sehr zufrieden, denn damit kann ich auch große Flächen zügig glatt schleifen. Es genügt, mit der Maschine zwei bis dreimal mit der jeweiligen Körnung über die Fläche zu gehen, um ein sauberes Ergebnis zu erhalten.

Schwingschleifer

Ein Schwingschleifer arbeitet durch eine oszillierende Schwingbewegung der Schleifplatte, daher der Name. Die Maschine virbriert dabei im Betrieb spürbar und manche Hersteller nennen diese Schleifmaschinen auch „Vibrationsschleifer“.
Lange Zeit waren Schwingschleifer „das Schleifgerät“ für feine Oberflächen und ich kenne auch Holzwerker die nach wie vor für den letzten Schliff auf diese Geräte schwören.
In der Regel können Schwingschleifer mit normalem Schleifpapier bestückt werden, da diese eine Klemmvorrichtung haben um dieses auf der Schleifplatte zu befestigen. Daher ist das Schleifpapier für einen Schwingschleifer in der Regel preiswerter als die mit Klett versehenen Schleifpapiere der Exzenterschleifer. Beim Kauf eines Schwingschleifers sollte man unbedingt auf eine gelochte Schleifplatte achten, ansonsten ist keine wirksame Staubabsaugung möglich.

Die Abtragsleistung ist im Vergleich zum Exzenterschleifer spürbar geringer, da die zusätzliche Rotationsbewegung fehlt.
Daher benötigt man mit einem Schwingschleifer eine deutlich höhere Anzahl von Durchgängen bis die optimale Oberflächengüte erreicht wird. Besonders bei weichen Hölzern wie Birke oder Pappel kann aber gerade dieser geringe Abtrag von Vorteil sein.
Mein sehr robust gebauter METABO-Schwingschleifer ist allerdings nur noch selten im Einsatz seit ich den BOSCH Exzenterschleifer besitze.

Deltaschleifer

Der Deltaschleifer ist im Prinzip ein ganz normaler Schwingschleifer, der jedoch mit einer dreieckigen Schleifplatte ausgestattet ist. Er eignet sich daher besonders für den Feinschliff von Ecken, Kanten oder schwer zugänglichen Stellen. Wer allerdings grobe Holzoberflächen wie z.B. Plattenholz schleifen möchte, sollte besser zu einem Exzenter- oder Bandschleifer greifen. geeignet ist.
Die Seitenkanten der gleichseitigen Schleifplatte sind konvex gebogen, so dass es möglich ist, in scharfe Ecken und entlang an geraden und gebogenen Kanten zu schleifen. Je nach Modell können durch geeignete Verlängerungen der Schleifplatte auch schwer zugängliche Flächen, z.B. Zwischenräume an Stuhllehnen, geschliffen werden.

Wer auf staubarmes Arbeiten achtet, sollte auch hier zu einem Deltaschleifer greifen dessen Schleifplatte Löcher aufweist die eine Absaugung des Schleifstaubes ermöglichen. Auch hier ist von den mitgelieferten Staubfangboxen nicht zu viel zu erwarten, der Anschluß eines Staubsaugers bringt deutlich bessere Ergebnisse.

Ich selbst habe derzeit keinen Deltaschleifer im Einsatz, da ich meine Holzoberflächen in der Regel vor dem Zusammenbau schleife und daher kaum innere Ecken bearbeiten muß.

Bandschleifer

Ein Bandschleifer arbeitet mit einem umlaufenden Endlosschleifband und ist vor allem für das Schleifen grober Oberflächen mit hoher Abtragsleistung geeignet. Auch beim Entlacken ebener Flächen wie z.B. einer Tischplatte kann der Bandschleifer seine Stärken ausspielen. Der Anschluß eines Saugers zur Staubabsaugung ist jedoch als obligatorisch zu sehen.
Die resultierende Oberfläche ist durch parallel laufende Schleifriefen gekennzeichnet, die in der Regel für den Möbelbau aber zu grob sind.

Beim Kauf eines Bandschleifers ist daher unbedingt auf eine Steuerelektronik zu achten, um materialgerechte Bandgeschwindigkeiten wählen zu können. Ansonsten sind schnell Dellen oder Brandspuren das Ergebnis. Nachfolgende Schleifgänge mit dem Exzenter- oder Schwingschleifer sind dennoch meist unumgänglich, wenn man eine maximale Oberflächengüte erreichen möchte.

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Da sich mein Bandschleifer BOSCH GBS75 mühelos mit Schraubzwingen an der Werkbank befestigen lässt, habe ich diesen überwiegend im Stationärbetrieb im Einsatz, um Schnittkanten an kleineren Bauteilen zu runden.

Meine Kaufempfehlung

Viele Einsteiger greifen zum Deltaschleifer, weil diese teilweise extrem preiswert (Markengeräte schon um die 50 EUR) angeboten werden. Beim Bau von Kleinmöbeln aus Plattenmaterial kommt man damit möglicherweise aus, aber sobald man etwas mehr Abtrag braucht, wird das Arbeiten damit sehr langwierig.
Als erstes Schleifgerät für den Möbelbauer empfehle ich daher den Kauf eines Exzenterschleifers. Er bietet das breiteste Einsatzspektrum. Dabei reicht in meinen Augen ein preiswertes 125mm Modell aus, da die mögliche Zeitersparnis eines großen Gerätes bei gelegentlichen Einsatz in der Regel den Mehrpreis nicht wert ist.
Das gesparte Geld sollte man lieber in einen Satz hochwertiger Markenschleifscheiben stecken. Ein Bandschleifer ist sicher ein Gerät dass man als Möbelbauer erst bei Bedarf für wirklich schwere Schleifarbeiten kaufen muss.

Groß oder klein?

Holzwerker haben bei den Exzenterschleifern die Wahl zwischen den Maschinen mit 125mm Schleifteller und solchen mit die einen 150mm Durchmesser. Die größeren Modelle bieten im Vergleich zu den 125mm Maschinen fast 45 % mehr Schleifoberfläche. Bei großen Flächen ist das ein echter Vorteil. Allerdings sind diese Maschinen auch spürbar schwerer und beim Abschleifen von vertikalen und schmalen Werkstücken damit auch schwieriger zu handhaben. Darüber hinaus sind viele 150mm—Schleifmaschinen deutlich teurer als die 125mm-Modelle. Das bessere Preis/Leistungsverhältnis für den Hobbyanwender bieten daher in meinen Augen die 125mm Maschinen.

 

15 Kommentare zu “Welche Schleifmaschine brauche ich für den Möbelbau?

  1. Hi Wolfram,
    gute Übersicht über die Möglichkeiten!
    Deiner Empfehlung, mit dem Exzenter anzufangen schließe ich mich direkt an. Einzig, wenn nach dem Schleifen gebeizt oder eine tolle Holzmaserung fertig lackiert werden soll, würde ich den Schluss immer in Maserrichtung per Hand übernehmen, damit sich nicht später die kleinen Kreise der Körnung in der Fläche absetzen 😉

    Viele Grüße
    Daniel

  2. Hallo,

    über den Newsletter ereilte mich die Nachricht über einen neuen Post. Ein sehr schöner Bericht. Für den Holz-Ausbau einer Ferienhütte hatte ich mit meinem Vater & Großvater alle Sichtflächen mit einem Schwing-Schleifer geschliffen (passt des so, „Schleifer“ & „geschliffen“… egal). Das war auch ein gefühlt 100 Jahre altes Metabo-Gerät, tat aber zuverlässig seine Arbeit. In Kombination mit einer Fächerscheibe am Winkelschleifer (ja, etwas rustikal) fürs Grobe waren die beiden das perfekte Duo.

    Liebe Grüße
    Stephan

  3. Hallo Wolfram!
    Vielen Dank für diesen informativen Beitrag und den schönen Überblick über die verschiedenen Arten von Schleifmaschinen! Auch deine Kaufempfehlung fand ich sehr hilfreich. 🙂 Liebe Grüße, Kathreen von „Mach mal“

  4. Das ist eine Beschreibung von Möglichkeiten, wie man es sich wünscht. Vielen Dank für die umfangreiche Beratung über Schleifmaschinen. Wenn ich mir eine Anmerkung erlauben kann, bei Großflächigen Schleifarbeiten werden die Kosten sehr in die Höhe getrieben, Wenn man das Delta alle paar Sekunden wechseln muss, ist das schon sehr teuer und lästig. Am besten bin ich immer mit meinem alten Schwingschleifer „gefahren“ Beim Papier von der Rolle ist er halbwegs vernünftig einzusetzen. Naja wie gesagt, nur ein Gedanke.

  5. Joel Wille

    Interessanter Artikel! Musste erstmal Bilder zu den Schleifern googlen, kenne sie nur vom Namen her… Habe nur einen Schwingschleifer und komme damit kganz gut aus. Zusätzlich habe ich noch so einen runden Aufsatz für die Bohrmaschine, an dem ein Schleifblatt dran ist. Der Horror in der Ergonomie, weil die Hand sich manchmal mitdreht! Aber der Abtrag ist recht hoch. Naja vielleicht wird´s ja doch mal n Exzenterschleifer…

    • Hallo Joel, solange Du nur eine ebene Fläche fein schleifen möchtest, reicht auch ein Schwingschleifer. Der Exzenterschleifer wird dann nützlich, sobald man Kanten und Überstände größer 0,5mm glattschleifen möchte. Da ist dann die höhere Abtragsleistung ein echter Zeitfaktor.

  6. Hallo,

    wow, das ist eine ausführliche und gut verständliche Übersicht! Danke für diesen informativen Beitrag!

    Wir haben vergangenes Jahr begonnen unsere Fenster abzuschleifen, um sie neu streichen zu können. Dabei musste ich leider feststellen, dass mir die Vibrationen unseres Schleifgerätes überhaupt nicht bekommen sind. Hast du da Erfahrungen gemacht, ob eine Geräteart da „verträglicher“ ist?

    Liebe Grüße!

    • Hallo Silvana, nimm einen Exzenterschleifer mit regulierbarer Drehzahl – dann kannst Du da die Schwingungen so einstellen dass das Maß der Vibration ein Minimum hat.

    • Ich weiß ja nicht, wie locker dein Geldbeutel sitzt, um ggf. im Profibereich nach Werkzeugen zu schauen. Falls du gewillt bist, etwas tiefer in die Tasche zu greifen gibts von Bosch z.B. den GEX 125-150 AVE oder den GSS 230 AVE, bei denen die Schleifplatten vom Motorteil/Griff entkoppelt sind, dadurch wird eine deutliche Verringerung der Vibrationen erreicht. Ich kam früher immer ganz gut mit dem alten Metabogerät von meinem Vater zurecht und habe mir keine großen Gedanken über das Kribbeln im Unterarm gemacht. Bin mittlerweile aber auch etwas älter und mache mir mehr Gedanken zum Thema gesundes Arbeiten auch im Hobbybereich, weswegen meine Wahl auf den GEX gefallen ist, welche ich bislang auch nicht bereut habe. Der Gex funktioniert auch recht akzeptabel nur mit der Staubfangbox, wobei ich ihn fast nur am Staubsauger betreibe.

      Gruß
      Koni

  7. Hallo,
    beim Exzenterschleifer muß es wohl PEX 400 AE anstatt BOSCH PAE400EX heißen, oder?

    Klasse Beitrag!

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